Archiv für die Kategorie Reisetagebücher

Zu jedem Urlaub gehört es sich, den Wochenmarkt im Ort zu besuchen. Dienstags ist dieser in Plougasnou, die Straßen um die Kirche sind abgesperrt und von Marktständen besetzt worden. Und seit langem fühle ich mich auf einem traditionellen Markt am Urlaubsort wohl: die Stände mit preiswerten Textilien halten sich in Grenzen, dafür gibt es: qualitativ hochwertigere Webware, Seifen, regionalen Käse, frische Meeresfrüchte, die wir gerne kaufen würden, aber nicht zubereiten können, Artischocken und anderes Gemüse, Wein, Cidre und zwei Stände, die gegrilltes Geflügel, Fleisch und gebratene Würste mit ganzen nicht geschälten Kartoffeln zum Mitnehmen oder zum vor Ort Essen anbieten.

Die beiden Mädels finden zwei Umhängetaschen aus Hanf, die somit Besitz wechseln, die Urlaubskasse wird zudem durch den Kauf von Knäufen aus Keramik für Schranktüren geplündert.

Den Nachmittag verbringen wir wieder am Stand. Im Fussballtennis kann ich mich gegen Hendrik ganz gut halten. Einfach mal glücklich sein.

Einfach mal gluecklich sein

Nachdem ich Ellen und die Kinder am Eingang des zwanzig Jahre alten Oceanopolis ist Brest absetze, suche ich eine Volkswagenwerkstatt auf, damit das linke Scheinwerferlicht wieder leuchtet. Das nenne ich Service: Ich bekomme bei einer Rechnung von 23,00 Euro noch eine kleine kostenlose Wagenwäsche. Da kann sich mal mein VW-Händler meines Vertrauens eine Scheibe abschneiden, die letzte Rechnung belief sich auf einen vierstelligen Betrag, dennoch wird nichts dergleichen als Service geboten.

Anschließend fotografiere ich  in der Hafengegend und bekomme eines der besten Graffiti vor meine Linse, die ich je ablichten konnte: handwerklich einwandfrei, aktuell, humorvoll. Das Bild macht jedem Karikaturisten alle Ehre. Danke an den mir Unbekannten.

Affaire Franck Ribery

Die drei Besucher von Oceanopolis berichten mir von einem in die Jahre gekommenen Aquariums, das jüngere Ozeanario in Lissabon und sogar die neuen Aquarien des Tierparks von Hagenbeck in Hamburg würden es in den Schatten stellen können; dennoch hätten sie einen netten Vormittag verbracht und sich an den Meeresbewohnern erfreut.

Wir verpassen leider „les plats du jour“ in den Restaurants, somit bleiben unsere Magen leer. Einer kleiner Spaziergang durch die Stadt wird dadurch aber nicht nachhaltig gestört, die Sonne scheint, die Sehenswürdigkeiten werden fotografiert, Gleisbauarbeiter zugeschaut, die die Spur für eine neue Metro legen.

Einen Besuch der Militäranlagen ersparen wir uns, sie sollen den Reiseführern nach riesig sein. Im Brester Naturhafen könnten alle Kriegsschiffe Platz finden, U-Boote in Bunkern verschwinden. 1945 wurde die Stadt von den Alliierten zurückerobert und in Schutt und Asche gelegt. Pittoreskes bretonisches Fachwerk ist daher von modernen Nachkriegsbauten ersetzt worden.

Die Nacht hindurch hat es wieder geregnet, die gewaschene Wäsche vom Vortag bekommt dadurch eine besondere bretonische Frische, wenn sie von der Leine genommen wird.

Ellen bereitet Pasta mit Sugo vom Charleroi-Rind zu, der Pfannkuchenteig wird angerührt; Sonntags in der grauen Bretagne.

Dann reißt die Wolkendecke auf. Wir packen unsere Strandtasche und verbringen einen wunderschönen Nachmittag am Meer, sonnenbaden, schwimmen und spielen Fußball bis die Flut kommt.

Vorsprung durch Technik

Da wir für den gestrigen Ausflug einen Anfahrtsweg von über 60 Kilometern hatten, entscheiden wir uns heute für eine nahe liegende zweistündige Wanderung rund um die Halbinsel von Kercoz, für die wir vier Stunden brauchen, obwohl wir am Ende sogar noch abkürzen!

Liegt es am Fotografieren oder an dem ständigen Schweiß von der Stirn wischen, dass wir die zunächst steil bergauf und bergab führende Strecke entlang der felsigen Küste und der Sandstrände nicht in der vorgegebenen Zeit schaffen? Oder an den Besichtigungen der antiken Überreste der gallo-römischen Therme Hogolo und der kleinen Kapelle Ste-Barbe?

Therme Hogolo

Wir wissen es nicht genau, das Kardiotraining bei bedecktem Himmel ist jedoch das Beste, was wir an diesem Tag machen können. Die Kinder baden anschließend noch in unserer Bucht, bevor die Holzkohle auf dem Grill zum Glühen gebracht wird, hierauf werden zwei Steaks für die Männer sowie Bratwürste für die Frauen zubereitet, die mit Salat und Baguette gereicht werden.

Entsetzt und mit Bestürzung nehmen wir die Nachrichtenlage aus Duisburg auf. Die Sondersendungen zum Unglück während der Love-Parade bestimmen das Abendprogramm.

Das dritte Reisebuch, welches ich vor dem Urlaub gekauft habe, ist der Wanderführer von Rother, der uns 50 Touren in der Bretagne vorschlägt.

Als Einstieg in die diesjährige Wandersaison wähle ich eine Variante der Tour zum eines der meist fotografierten Motive der Bretagne: „Das Haus zwischen den zwei Felsen“.

Hierzu schreibt der Reiseführer vom Michael-Müller-Verlag: “Alle Versuche bretonischer Institutionen das Haus zu erwerben, sind gescheitert, auch aus der Fremdenverkehrswerbung ist das prächtige Motiv verschwunden: Madame beschäftigt einen Anwalt, der darauf achtet, dass seine Klientin für publizierte Fotos entschädigt wird.

Dann werde ich hier zur Vorsicht ein anderes Bild zur Illustration zeigen, die Motive sind unerschöpflich, schade dass ich nicht beide Gezeiten erleben kann.

Fotografen in der Bretagne

Nach zwei Stunden wandern und klettern auf die Felsen kehren wir erstmalig in einer Crêperie ein, bestellen Galettes, Crêpes, Cidre, Breizh-Cola und Orangina und zahlen inklusive eines Töpfchens mit „Crème de Caramel Beurre Salé“ knappe 50 Euro, was wir für kein gutes Preis-Vergnügen-Verhältnis halten.

Daher werden wir künftig frisch eingeschweißte Crêpes im Sechserpack günstig im Supermarkt kaufen und diese in der Mikrowelle kurz erhitzen. Hendrik und Wiebke entwickeln sich hierbei zu echten Profis und garnieren künftig unsere tägliche Nachspeise mit Nutella, Zimt und Zucker, gesalzener Butter oder Eis.

Toll ist auch die Pasta mit Blattspinat und geschmolzenem Camenbert, vorgeschlagen natürlich von Jamie.

Heute ist Tag des Vorurteils in der Bretagne. Regen von morgens bis abends.

So ist der Höhepunkt des Tages das Nachkochen einer Speise mit Lachs, Olivenpesto und Bohnen an gratiniertem Kartoffelpüree, welches wir in Jamie Olivers Kochbuch finden.

Lachs mit Bohnen

Nachmittags wird der DVD-Rekorder gestartet. Leider funktioniert die Fernbedienung nicht, so dass wir die Sprache der Filme nicht einstellen können und somit ein eingeschränktes Angebot haben. Wim Wenders „ Der Himmel über Berlin“ löst von „Beeindruckend.“ bis „Habe schon damals das Kino vorzeitig verlassen.“ unterschiedliche Kritiken aus; gemeinsam gelacht wird dann bei „Mr. Bean macht Ferien.“. Kontrastprogramm, was ich vom Wetter leider nicht schreiben kann.

Durchwachsenes Wetter mit Sonne und kleinen Regenschauern. Am späten Vormittag umrunden wir die Bucht von Morlaix und fahren nach Carantec, wo wir an den Strand gehen und die Ile de Louët sowie die auf einem Felsen dahinter liegende Festung Château du Taureau ausgiebig fotografieren.

Ile de Louët

„Großartig!“ wird das Restaurant La Table du Typot im Ort vom Reiseführer gepriesen, wir bestellen jeweils zwei Mal die beiden Tagesmenüs für 19 Euro und werden mit Tomatenblätterteigtörtchen und Fleischpastete, Fisch auf Püree und Huhn in Estragon sowie Schokoladenkuchen und Panna Cotta verwöhnt.

Nach zwei Stunden in angenehmer Atmosphäre trotz weiterer Touristenfamilien aus unserer Heimat fahren wir weiter nach Roscoff, wo wir zwischen zwei Regenschauern fotografierend und englischen Touristen ausweichend spazieren gehen. Bei gutem Wetter hätten wir auf die vorgelagerte Ile de Batz über gesetzt. Niemals werden wir den zahlreichen Werbeschildern WINE and BEER folgen, die die Fährgäste von den Britischen Inseln anlocken sollen.

Auf dem Rückweg kaufen wir noch in Morlaix Bekleidung bei Decathlon sowie Lebensmittel für den Abend und den nächsten Tag.

Hungrig ist am Abend niemand.

Ich erwähnte ja schon, dass ich rudimentäre Sprachkenntnisse besitze, vier Jahre bis zur zehnten Klasse hatte ich Französischunterricht, was ich mit einem knappen befriedigend beendete. Hendrik lernt Latein und kann im Supermarkt genauso wenig punkten wie Ellen, die ebenfalls nie mit der Sprache in Konflikt kam, von unserer Zehnjährigen ganz zu schweigen. So landete von mir unbemerkt irgendwann Buttermilch im Einkaufswagen.

Macht gar nichts, denke ich und schlage vor unsere neue Crêpespfanne mit einem Teig aus Buttermilch, Eiern, Zucker, Salz und Mehl einzuweihen.

Keine gute Idee. Aus den Crêpes werden notgedrungen dicke Pfannkuchen, die so mächtig sind, dass keiner den Ganzen schafft.

Die Bretagne zeigt heute ihr wunderschönes Grau mit Nieselregen und Schauern. Dennoch fahren wir ein wenig mit HW durch die Gegend, suchen die „Crêperie du Cairn“ (Reiseführer: „Leser lernten hier eine der besten Crêperien des Landes kennen“.) und finden nur eine mit anderem Namen, die wir irgendwann mal testen werden.

Vom Besuch des „Cairn von Barnerez“, einem gewaltigen Megalithbau aus der Zeit zwischen 4500 und 2000 v. Chr. wird abgeraten, da der Eintritt von 5 Euro nicht gerechtfertigt sei und „der Steinhaufen bleibt auch nach mehrfacher Umrundung nur ein Steinhaufen“. (Jochen Schmidt: Gebrauchsanleitung für die Bretagne).

Zuvor wollten wir eigentlich Morlaix erkunden, der Regen und das liegen gelassene Portemonnaie machten aber einen kleinen Strich durch das Vorhaben. So kaufen wir bei Leclerc nur das Nötigste für den Abend: Brot, Käse, Wein.

Morlaix - Finistère - Bretagne -France

Der Videorecorder wird erstmalig eingeschaltet und auch die Tagesschau und anschließendes Abendprogramm werden gesehen, bevor noch bis 23:00 Uhr Karten gespielt werden.

Wir sitzen gegen neun Uhr morgens am Frühstückstisch, Hendrik war da schon laufen. Beim Wach werden hatte ich zuvor des Rätsels Lösung bezüglich der Sonne gefunden: Plougasnou liegt ja auf einem Längengrad westlich von Greenwich, wir haben jedoch Mitteleuropäische Sommerzeit, was bedeutet, dass erst um 13:48 Uhr die Sonne wieder sinkt. Kein Wunder, dass unsere innere Uhr nicht ganz richtig tickt. Ich werde anregen, dass diese Information in jeden guten Reiseführer gehört.

Zurück zum Urlaubsalltag: Wir kaufen Bratwurst und Merguez für das abendliche Grillen ein, Ellen bereitet dazu bretonischem Kartoffelsalat.

Zuvor wurde gebadet, gelesen und geschlafen.

Unser täglicher Blick - Flut

Strahlender Sonnenschein begleitet uns den ganzen Tag hindurch.

Frühstücken, zweiter Einkauf im Ort um Vergessenes zu holen und Geleertes zu ersetzen. Mittags kochen wir Tagliatelle mit Hähnchenbrust in Schimmelpilzkäsesauce.

Die Kinder baden dann im Meer, die Eltern sonnen sich und lesen. Eine kleine Fahrt zum Hafen und zu anderen Buchten im Ort, die Sonntags gut besucht sind.

Abendspaziergang nach dem Brot. Um viertel nach zehn steht die Sonne noch immer hoch über dem Horizont, rätselhaft.

Das Ferienhaus am Morgen- und HW